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Vermutlich gibt es für mich keinen anderen Schauspieler, mit dem ich mehr verbinde als mit Robin Williams. Tatsächlich wurde für mich durch ihn erstmalig klar, dass es Schauspieler sind, die uns die Geschichten in der Flimmerkiste erzählen. Dass sie in sämtlichen Zeitepochen “leben” können, problemlos jeden Beruf dieser Welt “ausüben”. Dass es einfach eine Rolle ist, die sie spielen. Oftmals überspielen sie dadurch nur ihr eigenes Ich.

Keine Ahnung wie alt ich war, als ich zum ersten Mal “Mrs. Doubtfire” gemeinsam mit meinen Schwestern ansah. Mit Pierce Brosnan in der Nebenrolle. Damals wusste man wohl schon, dass dieser schlacksige Kerl die Rolle des britischen Geheimagenten einnehmen solle und wollte es nicht wahrhaben. Hätte ich das damals schon mitbekommen, hätte ich ihm die Rolle niemals zugetraut. Genauso wenig wie ich Williams eine ernste Rolle zugetraut hätte.

Es kam bisweilen anders. In “Hinter dem Horizont” erschrak ich regelrecht vor der schauspielerischen Leistung Williams’, in “Good Will Hunting” lernte ich dann bereits damit umzugehen. Dass mein Lieblings-Schauspieler aus Kindheitstagen mehr ist als das stachelige Kindermädchen von 1993 war, begriff ich allmählich. Zu diesem Zeitpunkt war ich übrigens gerade einmal geboren. Williams selbst ist exakt 42 Jahre vor mir auf die Welt gekommen. Wir haben denselben Geburstag. Irgendwann entwickelte ich die fixe Idee einmal beim Radio zu landen. Dass ich dabei irgendwann auf “Good Morning Vietnam” stoßen würde, war nur noch eine Frage der Zeit.

Meine Worte kommen mir selbst komisch vor. Mein Lieblings-Schauspieler? Als Kind bestimmt. Ich merkte mir zum ersten Mal den Namen eines Schauspielers, den mir damals mein Vater verriet. So oft wie ich “Mrs. Doubtfire” sah, mussten einfach irgendwann zusätzliche Informationen folgen. Meine Liebe zum Film war schon früh geweckt worden. Dennoch verfolgte ich nicht aktiv die Karriere von Williams. Es kam eher so, dass ich mich bei Filmen wie “Nachts im Museum” und “Der Butler” darüber freute ihn in Nebenrollen zu sehen. Ihn gab es also noch, ihm ging es nach meinem Empfinden auch gut dabei.

Gewissermaßen verfolgte mich Williams dennoch ständig. Oder vielmehr begleitete er mich und spielte mir kleine Streiche (was auch sonst als Komiker). Im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud in London war ich gerade dabei ein Foto zu schießen, als ich etwas rückwärts lief. Ich rempelte gegen ein Schienbein, murmelte eine flüchtige Entschuldigung und drehte mich dann erst um. Meine Familie amüsierte sich natürlich köstlich darüber, dass ich mich bei einer Wachsfigur entschuldigt habe – Robin Williams! Dass es übrigens Robbie und nicht Robin war, der eine Gesankskarriere einschlug, beruhigte mich nach anfänglicher Irritation dann doch sehr. Zu meiner Verteidung: Ich war verdammt jung und kam mit der ganzen Glitzer-Glamour-Star-Welt einfach noch nicht differenziert klar!

“Der Club der toten Dichter” war eine Empfehlung meiner Mutter (wieso erinnere ich mich an all diese Details?). In den letzten Tagen begannen wohl alle Nachrufe auf den depressiven Schauspieler mit dem berühmten Zitat aus dem Film von 1989. Auch mein Blogartikel trägt diese Überschrift. Es stellt aber auch wirklich die schönste Huldigung an Williams dar. Mit großem Bedauern und Mitgefühl reagierten die Menschen auf Williams’ Tod. Ich erfuhr auf einem Zeltlager durch eine Push-Notification von N24 davon. Mein erster Gedanke? “Oh Captain! Mein Captain!” Kurz darauf erschienen die ersten Bilder von Fans und Redakteuren deutscher Medienhäuser – stehend auf Tischen, Caren Miosga von den Tagesthemen änderte in der Live-Sendung die Perspektive. Das erinnerte mich an eine Mathestunde vor dem Abitur. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Inhalt der Stunde erinnern (was ganz normal ist), weiß aber noch allzugut, wie ich plötzlich auf meinem Tisch stand und meinen Mathelehrer und Schulleiter als Captain betitelte. Es hat in dieser Situation gepasst, er hat es verstanden und gelacht. Die Klasse hingegen hat mich etwas komisch angesehen. Die wissen eben nicht, was echte Filmkunst ist und welch großen Schauspieler man mit dieser Geste in Wahrheit huldigt.

Oh Captain! Mein Captain!

Eine Moderation für Robin Williams

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